28. War Jesus ein Lügner, ein Irrer oder war er GOTT? 

Nein, - er ist nichts von den oben Genannten gewesen. Aber das ist die Frage, die C.S. Lewis (1898-1963) in seinem kleinen Buch Mere Christianity (1943) gestellt hat (deutsche Ausgaben sind unter den Titeln Christentum schlechthin bzw. Pardon, ich bin Christ erschienen). Es ist eines der herausragendsten apologetischen Werke in der Geschichte der Christenheit. Im Jahr 2000 hat das bekannteste christliche Magazin Amerikas, Christianity Today, dieses Buch als Nummer 1 der christlichen Bücher des 20. Jahrhunderts ausgewählt, - von der Bibel einmal abgesehen. Der ehrwürdige englische Schriftsteller C.S. Lewis ist eine Autorität in Sachen englische Literatur gewesen, aber nicht in Sachen der Bibel. Er hat sich vom Atheismus zum Christentum bekehrt und ist als Autor von Erzählungen und Romanen weithin gefeiert worden. Die Bücher aus seiner bekannten Kinderbuchserie, Die Chroniken von Narnia, sind unter seinen vielen Büchern diejenigen gewesen, die mehr als 100 Millionen Mal verkauft worden sind.

Mere Christianity (Christentum schlechthin bzw. Pardon, ich bin Christ) gibt vor, die christliche Religion zu beschreiben. In diesem Buch proklamiert Lewis, dass der Kernpunkt des Christentums besagt, dass Jesus GOTT ist und dass Jesus beansprucht hat, GOTT zu sein. Die letztere Aussage hat Lewis jedoch nie mit Aussagen der Schrift belegt, obwohl er Jesus als einen Menschen beschreibt, „der so spricht, als wäre er GOTT.“ Dann schreibt Lewis die folgenden bekannten Sätze, die einige Theologen „das trilemma Argument“ nennen:

„Damit versuche ich, jedermann vor dem wirklich läppischen Einwand zu bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, aber nicht seinen Anspruch, GOTT zu sein. Gerade das können wir nicht sagen. Ein Mensch [der nur ein Mensch ist], der solche Dinge wie Jesus sagt, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer – [auf der Ebene eines Menschen, der sagt, er wäre ein gekochtes Ei] - oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden: Entweder war [und ist] dieser Mensch GOTTES Sohn, oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Man kann ihn als Geisteskranken einsperren, man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn HERR und GOTT nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen.

Wir sind also mit einer erschreckenden Alternative konfrontiert. Der Mann, über den wir gesprochen haben, war (und ist) entweder das, was er von sich sagt, oder ein Verrückter oder Schlimmeres … ich muss akzeptieren, dass er wirklich Gott war und ist.“

Zu Lewis Ehre muss gesagt werden, dass er sich gegen die liberale Lehre von einem nur moralisch zu verstehenden Jesus gewendet hat, dessen Leben und Tod keine größere Bedeutung gehabt hat, als uns ein würdiges moralisches Beispiel zu liefern, dem wir nachfolgen sollen. In diesem Abschnitt führt uns Lewis aber unlogischerweise an die Entscheidung heran, bezüglich der Identität Jesu nur zwischen drei Optionen wählen zu können: Entweder ist er 1. Ein Irrer, 2. Der Teufel oder 3. GOTT. Beachte, dass Lewis damit der kirchenväterlichen Gewohnheit gefolgt ist, die Begriffe „GOTT” und „Sohn GOTTES” fälschlicherweise gleichzustellen, wenn letzterer auf Jesus bezogen ist. Lewis fügt hinzu: „Ich habe erklärt, warum ich glauben muss, dass Jesus GOTT war (und ist) … Ich glaube es auf seine Autorität hin.“ Aber auch hier liefert er wieder keine Bestätigung durch die Schrift und damit auch keine Aussage Jesu zur Bestätigung dieser Behauptung.

C.S. Lewis hat sich immer davon distanziert, ein Theologe zu sein. Sehr bescheiden hat er gesagt: „Ich bin ein ganz gewöhnlicher Laie der Kirche Englands.“ In der Tat ist sein brillanter Intellekt, verbunden mit dieser bescheidenen Natur, das Geheimnis für seine große Bewunderung gewesen.

John A.T. Robinson, ein Zeitgenosse Lewis, ist einer der herausragendsten Autoritäten Englands in Sachen Bibel gewesen und er hatte ganz sicher Lewis` Trilemma Argument im Sinn, als er protestierte:

„Oft verlangt man von uns, Christus als göttlich zu akzeptieren, weil er behauptet habe, solches zu sein – und wir werden mit dem bekannten Argument bedrängt: ‚Ein Mensch, der herumläuft und behauptet, GOTT zu sein, muss entweder GOTT sein – oder er ist ein Verrückter oder ein Scharlatan‘ … Und natürlich ist es auch nicht einfach, die Evangelienberichte zu lesen und Jesus als verrückt oder böse abzulehnen. Deshalb lautet der Schluss, dass er GOTT sein muss.

Über diese Argumentation bin ich nicht glücklich. Keiner der Jünger in den Evangelien hat Jesus anerkannt, weil er behauptet hat, GOTT zu sein und die Apostel sind niemals hinausgegangen und haben verkündigt: ‚Dieser Mann hat behauptet, GOTT zu sein; deshalb müsst ihr an Ihn glauben.‘“

Niemand hat Lewis` Trilemma Argument besser ausgearbeitet als der amerikanische Evangelikale Josh McDowell. Dieser bekannte Redner und Evangelist ist eine der führenden Stimmen in unserer Welt, die erklärt, dass Jesus GOTT ist. Er hat über 100 Bücher verfasst, mit einer Auflage von über 42 Millionen Exemplaren. Seine ausführlichsten apologetischen Schriften bestehen aber hauptsächlich aus Zitaten statt aus strukturierten Argumenten und er unterlässt es, sich mit führenden Jesus-Forschern auseinanderzusetzen. Ohne weitere Auseinandersetzung setzt McDowell einfach voraus, dass die neutestamentliche Bezeichnung Jesu als den Sohn GOTTES bedeutet, dass er GOTT ist. Und nach dem Josh für sich Jesus als GOTT identifiziert hat, zitiert er moderne Autoren mit entgegengesetzten Meinungen selten und befasst sich mit den kritischen biblischen Stellen nur wenig.

In ähnlicher Weise unterlassen es verschiedenste traditionalistische Ausleger zwischen den Konzepten, dass GOTT in Christus ist und dass Christus GOTT ist, zu unterscheiden. Der britische Ausleger John R.W. Stott scheint diesen Fehler zu machen. Er ist ein weltweit geachteter Kirchenführer gewesen, Pastor, Lehrer und Autor in der wachsenden evangelikalen Gemeinde. Lewis wiederholend, verfasste er sein weithin gelobtes Buch Basic Christianity (1958) (Der christliche Glaube: Eine Einführung; 2010). In ihm stellt er ziemlich erstaunlich fest: „Wenn Jesus nicht Mensch gewordener GOTT war, dann ist das Christentum ganz und gar diskreditiert.“ Dann erklärt er fast im gleichen Atemzug noch: „Christen behaupten, dass wir in Jesus Christus GOTT finden können.“ Das können wir wirklich, - aber GOTT in Christus ist nicht das Gleiche wie Christus ist GOTT, was Stott zu unterstellen scheint.

Nels Ferre erklärt: „Es ist ein entscheidender Unterschied zwischen der Behauptung, dass Jesus Christus GOTT und Erlöser ist und dass GOTT in Christus die Welt mit sich selbst versöhnte.“

Ich spreche die Frage, ob Jesus ein Lügner oder GOTT ist, in zwei Abschnitten meines umfassenden, sorgfältig recherchierten und biblisch in die Tiefe gehenden Buches, The Restitution of Jesus Christ (2008) an. In ihm behaupte ich, dass die Bibel Jesus niemals als GOTT identifiziert hat und keine Dreieinheit von wesensgleichen, gleich-ewigen Personen in der Gottheit lehrt, wie die Kirchen es lehren. Ich weise darauf hin, dass die Kirchenväter solches geschlossen haben, weil sie ziemlich antisemitisch eingestellt und über die Maßen von der griechischen Philosophie und ihrer Metaphysik beeinflusst gewesen sind. Ich behaupte aber auch, dass die Bibel andere wichtige Kirchenlehren, wie seine jungfräuliche Geburt, Sündlosigkeit, Wundertätigkeit, stellvertretenden Tod, Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft bestätigt.