32. Hat Petrus geglaubt, dass Jesus GOTT gewesen ist?
Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts glauben fast alle Christen, dass Jesus GOTT gewesen ist. Das Neue Testament zeigt uns aber deutlich, dass z.B. der Apostel Petrus kein Anhänger dieser Vorstellung gewesen sein kann. Petrus ist die interessanteste und bedeutendste Person unter den von Jesus erwählten Jüngern. Aus diesem Grund wird er in den synoptischen Evangelien immer als erster von den zwölf Aposteln genannt. Genauso ist es auch in dem engeren Kreis um Jesus gewesen: Immer heißt es: "Petrus, Jakobus und Johannes". Dazu kommt, dass Jesus Petrus die Schlüssel zum Reich des Himmels gegeben hat. Er ist auch der Erste gewesen, der das Evangelium den Juden, Samaritern und Heiden gepredigt hat (Matth 16,19; Apg 1,8; 2,14; 8,14; 10,34-43). Was Petrus über Jesus gesagt bzw. nicht gesagt hat, ist für unser Wissen entscheidungsrelevant, wenn Jesus GOTT gewesen sein soll.
Eines Tages hatte Jesus im vertrauten Kreis seine Jünger gefragt: "Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin?" Simon Petrus aber antwortete und sprach: "Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen GOTTES" (Matth 16,15-16). Petrus hat also das Entscheidende erkannt, was über die Person Jesu zu glauben ist, nämlich dass er der verheißene Messias Israels gewesen ist, der Sohn GOTTES, und nicht, dass er GOTT gewesen ist.
Anschließend hat Jesus seinen Jüngern mitgeteilt, dass er durch die Hände der religiösen Führer in Jerusalem vieles erleiden muss und dort auch getötet werden wird. Weiter können wir lesen: "Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: GOTT behüte dich, Herr! Dies wird dir keinesfalls widerfahren" (Matth 16, 22). Wenn Petrus geglaubt hätte, dass Jesus GOTT ist, dann hätte er das ganz sicher nicht gemacht und nicht gesagt!
Nach dem Tod Jesu, nach seiner Auferstehung und seiner Aufnahme in den Himmel ist Petrus zum Sprecher der Gemeinschaft der Jünger Jesu geworden, die von den Gelehrten "die Jesus-Bewegung" genannt wird. Er hat in Jerusalem die ersten Predigten vor vielen Zuhörern gehalten und seine jüdischen Brüder überzeugt, dass sie durch ihr Verhalten der Kreuzigung Jesu zugestimmt hatten. Diese Predigten, die in der Apostelgeschichte niedergeschrieben sind, liefern uns mit die umfangreichsten Beweise, dass Jesus nicht GOTT gewesen sein kann.
Am Tag des Pfingstfests hat Petrus gepredigt: "Jesus, den Nazoräer, einen Mann, der von GOTT euch gegenüber erwiesen worden ist durch Machttaten und Wunder und Zeichen, die GOTT durch ihn in eurer Mitte tat" (Apg 2,22). Petrus hat Jesus als Mann bezeichnet und ihn eindeutig von GOTT unterschieden, was darauf hinweist, dass er nicht geglaubt hat, dass Jesus GOTT ist.
Petrus hat seine erste Predigt mit einem Aufruf an die jüdischen Leute beendet: "Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, dass GOTT ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt" (Apg 2,36). Auch hier hat Petrus Christus von GOTT unterschieden, was wieder darauf hinweist, dass Christus nicht GOTT ist. Die Tatsache, dass GOTT "diesen Jesus" zum Herrn und Christus gemacht hat, zeigt deutlich, dass GOTT in diesem Tun völlig souverän gewesen ist und dass "dieser Jesus" GOTT untergeordnet ist.
Petrus tritt im Neuen Testament auch als die herausragende Person auf, die Jesus "Knecht" GOTTES genannt hat (Apg 3,13; 4,27 u. 30; 1. Petr 2,21). Die späteren Kirchenväter haben das nicht mehr gemacht. Es ist ganz offensichtlich, dass dieser "Rang" ihrer Vorstellung, dass er GOTT ist, allzu sehr widersprochen hat. Im Gegensatz dazu sagt sogar der Koran: "Christus wird es sicher nicht aus Widerwillen ablehnen, Diener Gottes zu sein" (Sure 4:172).
Außerdem hat Petrus in seinen drei Predigten erklärt, dass GOTT "diesen Jesus" aus den Toten auferweckt hat (Apg 2,24 u. 32; 3,14; 4,10). Später, als Petrus zum ersten Mal zu Heiden gepredigt hat, hat er verkündet: "Jesus von Nazareth, wie GOTT ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat, der umherging und wohltat und alle heilte, die von dem Teufel überwältigt waren, denn GOTT war mit ihm. Diesen hat GOTT am dritten Tag auferweckt" (Apg 10,38 u. 40).
Jesus ist nicht GOTT gewesen, weil er von dem bevollmächtigenden Geist GOTTES abhängig gewesen ist.
Wenn Petrus erklärt, dass GOTT mit Jesus gewesen ist, dann zeigt dieses ganz deutlich, dass Jesus nicht GOTT gewesen sein kann.
Damit ist klar: Statt zu behaupten, dass Jesus GOTT gewesen ist, hat Petrus immer zwischen diesen beiden unterschieden. Er hat immer verkündigt, dass GOTT "diesen Jesus" von den Toten auferweckt hat, und dies in einer solchen Weise, als ob es ein äußerst wichtiger Glaubensbestandteil ist. Die nachapostolischen Kirchenväter hingegen haben so stark betont, dass Jesus GOTT gewesen ist, dass einige von ihnen die Wichtigkeit der Predigt, dass GOTT "diesen Jesus" von den Toten auferweckt hat, geringgeschätzt haben.
Petrus hat nicht geglaubt, dass Jesus GOTT gewesen ist, sondern dass er einen GOTT über sich hat, - den Vater. Er hat in den Grüßen seines ersten Briefes geschrieben: "Gepriesen sei der GOTT und Vater unseres Herrn Jesus Christus, DER nach Seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten" (1. Petr 1, 3). Einige Verse weiter hat er über Jesus geschrieben: "die ihr durch ihn an GOTT glaubt, DER ihn aus den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit gegeben hat, so dass euer Glaube und eure Hoffnung auf GOTT gerichtet ist" (V. 21). Dass GOTT Jesus Herrlichkeit gegeben hat, zeigt, dass Jesus sie vorher nicht besessen hat und weist weiterhin darauf hin, dass er nicht GOTT gewesen ist.
Einige traditionalistischen Trinitarier zitieren den letzten Teilsatz von 2. Petr 1,1, um ihre Meinung zu untermauern, dass Petrus geglaubt habe, dass Jesus GOTT ist. Fast alle englischsprachigen Bibeln übersetzen es so, wie die New American Standard Bible (NASB), wo es heißt: "unseres GOTTES und Retters, Jesus Christus". In dieser Form ist von einer Person die Rede, von Jesus, der als "GOTT" bezeichnet wird. In der King James Version (KJV) heißt es aber: "unseres GOTTES und unseres Retters Jesus Christus". Hier ist von zwei Personen die Rede, so dass Jesus nicht "GOTT" genannt wird. Wegen einer in der Grammatik liegenden Problematik kommt man zu diesen unterschiedlichen Übersetzungsvarianten. Da soteros (Retter) im griechischen Text an dieser Stelle keinen Artikel hat, stellt sich die Frage, ob das Personalpronomen hemon (unseres) auf theou (GOTT) zu beziehen ist, wie es die NASB macht, oder auf soteros, wie in der KJV nachzulesen. [Deutsche Übersetzungen, die zu der ersten Variante neigen sind u.a. Elberfelder, Schlachter 2000, NGÜ mit Fußnote, GNB, Einh.Ü, Neues Leben. Die Bibel, NeÜ; die zweite Variante findet man u.a in Luther 84, HfA]
J.N.D. Kelly sagt zu dem gleichen Problem in Titus 2,13: "‘Retter‘ neigte dazu, ohne Artikel zu sein (Vergl 1. Tim 1,1); jedenfalls ist der korrekte Gebrauch des Artikels im späten Griechisch verloren gegangen."
Die nachfolgend aufgeführten inneren Beweise deuten darauf hin, dass die "zwei Personen-Variante" die richtige ist:
- Wenn Petrus der Verfasser des 1. und des 2. Petrusbriefes gewesen ist, dann wird er Jesus in 2. Petr 1, 1 nicht "GOTT” genannt und damit Verwirrung ins Spiel gebracht haben, wenn er Jesus und GOTT in den folgenden Versen wieder voneinander unterscheidet.
- Ein ähnlicher zusammengesetzter Titel, - "der/unser Herr und Retter (Jesus Christus)", kommt 4 Mal in diesem Brief vor (2. Petr 1,11; 2,20; 3,2 u. 18), was darauf hinweist, dass dieses zu einer festen Formulierung geworden ist, die Jesus nicht als GOTT identifiziert.
- Wenn Petrus in 1. Petr 1,3 "der GOTT und Vater unseres Herrn Jesus Christus" geschrieben hat, dann wird er Jesus in 2. Petr 1,1 nicht "GOTT" nennen.
Kurz gesagt: Petrus hat nicht geglaubt, dass Jesus GOTT ist, sondern dass er der Christus, der Retter, der gehorsame und untergeordnete Knecht des höchsten und alleinigen GOTTES - des Vaters - ist.