Joh 10,30 Ich und der Vater sind eins

Was ist mit diesem "Ich und der Vater sind eins" gemeint?

Auffallend oft höre ich von Trinitariern gerade diesen Vers als Begründung für ihren Glauben an die Dreieinigkeit Gottes, oder zumindest zur Begründung der "Jesus ist Gott-Lehre". Wenn sich daraufhin ein Gespräch ergibt, kommt jedoch recht schnell ein sehr unklares Verständnis zutage. Die Ansichten variieren zwischen "Personalunion", welche jegliche Unterscheidung zwischen Gott und Jesus unmöglich macht; und "zwei gleichen Wesen", wobei dann Jesus genauso Gott sei wie sein Vater - hierbei würde es sich jedoch keinesfalls um zwei Götter handeln. Um die Verwirrung komplett zu machen, wird dann noch zur Unterscheidung von "Gott Vater", "Gott Sohn" und "Gott Heiliger Geist!" gesprochen. Kürzlich sagte mir jemand dazu: In der Bibel ist "1 + 1 = 1".
Dazu möchte ich sagen: Der Durcheinanderbringer hat ganze Arbeit geleistet, es ist erschreckend.

Jedoch finde ich selbst auch, dass die Worte "Ich und der Vater sind eins" wohl kaum unserem Sprachgebrauch entsprechen und an sich etwas unverständlich sind. Meinte der Herr Jesus damit, ...

  • dass er zugleich der Vater sei, also eins im Sinn von einer?
  • oder ist damit gemeint, dass er mit dem Vater zusammen der eine Gott sei?
  • oder dass er genauso Gott sei wie sein Vater
  • oder ist damit eher gemeint, dass Jesus völlig den Willen des Vaters tut,
    also mit ihm eins ist im Sinn von einig?


Meinte der Herr Jesus also damit:

Ich und der Vater sind zwei.

oder aber

Ich und der Vater sind einer. (?)

Im selben Kapitel sagte Jesus auch, dass er der Sohn Gottes ist (V 36) und dass seine Kritiker seine Werke ansehen sollen "damit ihr erkennt und versteht, dass der Vater in mir ist und ich in dem Vater!" (V 38). Beschreiben diese Worte eine irgendwie geheimnisvolle Verschmelzung von beiden, erschweren sie wirklich eine Unterscheidung? "Ich in ihm - er in mir" - was heißt das? Bedacht werden sollte in dem Zusammenhang auch 1.Joh 4,16b: "Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm" und auch Joh 15,5, wo Jesus seinen Nachfolgern sagt: "Wer in mir bleibt und ich in ihm ...". Es sind m.E. ebenso etwas unverständliche Worte, die zwar eine sehr enge Verbindung nahelegen, aber dennoch eine Unterscheidung zulassen, ja sogar bedingen.

In Joh 17,11 bittet Jesus seinen Vater für seine Nachfolger "dass sie eins seien wie wir!", ebenso in Vers 21-22:

"damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie eins seien, wie wir eins sind."

Jesus bittet: dass sie in uns eins sind ... bzw. wie wir eins sind - ganz offensichtlich sind er und sein Vater zwei.

Noch eine weitere Bibelstelle redet vom eins sein: "Der aber pflanzt und der begießt, sind eins" (1.Kor 3,8). Hier ist von Paulus und Apollos die Rede, die dasselbe Ziel verfolgen, dabei aber natürlich zwei verschiedene Menschen blieben.

Jesus und sein Vater - einer oder einig? Ich denke, es ist klar: zwei die sich einig sind, d.h. auf das eine gerichtet, dasselbe Ziel verfolgend usw. Das wird auch mehr als deutlich, wenn man nicht nur einen (diesen) isolierten Vers betrachtet, sondern den Kontext mit einbezieht, seien es die unmittelbar umgebenden Verse, oder auch das ganze Kapitel Joh 10. Verse aus dem Zusammenhang zu reißen, entspricht eher Sektenmanier als einem ernsthaften Bibelstudium.

Und noch ein Aspekt ist hier enthalten: Durch das Eins-Sein der Nachfolger Jesu soll die Welt erkennen, dass Jesus vom Vater gesandt wurde (Joh 17,21, oben zitiert) und nicht etwa, dass er selbst Gott sei und dieser Gott Mensch wurde.